Boule: TSV Ringheim Doppelmeister!

Manchmal fragt man sich wirklich, warum man sich das freiwillig antut. Man könnte auch
gemütlich daheim auf der Terrasse liegen und die Wolken zählen. Aber nein, die Menschen –
vor allem die Männer – müssen sich ständig messen und beweisen, was für tolle Hechte sie
sind. Und wenn’s nur darum geht, beim Fußball das Runde ins Eckige zu schweißen oder
eben beim Boule seine Kugel näher an der Zielkugel zu platzieren als der Gegner. Aber so
ist das eben.
Wie erwartet kam es am letzten Spieltag in Würzburg zum alles entscheidenden Duell
zwischen uns, dem als Aufsteiger überraschenden und ungeschlagenen Tabellenführer der
Bezirksoberliga TSV Ringheim und dem Zweiten, dem SV Schnackenwerth mit nur einer
Niederlage. Wir wussten, dass wir gegen unseren ersten Gegner, nämlich gegen Würzburg,
ruhig verlieren konnten. Das würde keine Rolle spielen. Nur der letzte Gegner, eben
Schnackenwerth, musste irgendwie niedergerungen werden.
Prompt verlieren wir 2 : 3 gegen Würzburg. Macht nix! Schlimm ist nur, wie schwach wir
heute spielen. So wird das nichts. Zumal die Schnackenwerther ihren Gegner aus
Mechenhard mit 5 : 0 geradezu vom Platz gefegt haben. Die sind auf den Punkt fit. Aber wer
weiß? Vielleicht finden wir nach der Mittagspause ja endlich zu unserer Normalform?
Vielleicht verliert die gegnerische Mannschaft aus irgendeinem Grund den Faden? Vielleicht
haben auch sie Angst vor dem letzten Duell? Nach den ersten beiden Spielen (Triplettes)
steht es 1 : 1. Immerhin, wir haben schon mal einen Punkt! Geht doch! Jetzt kommt es
darauf an, von den drei ausstehenden Doublettes zwei zu gewinnen.
Eines verloren, eines gewonnen. Zwischenergebnis 2 : 2. Das dritte Doublette, das
entscheidende, nimmt einen dramatischen Verlauf. Trotz einer zwischenzeitlich
beruhigenden 9 : 3 – Führung fangen die Nerven an zu flattern, die Kugeln machen nicht
mehr, was sie sollen, und der Gegner zieht mit 12 : 11 an uns vorbei. Doch irgendwie
schaffen wir in der folgenden Aufnahme den Ausgleich. 12 : 12! Der nächste Punkt wird
entscheiden!
Die Sonne brennt unbarmherzig. Immer mehr neugierige Zuschauer haben sich an den
Seiten aufgestellt, um den Showdown mitzuerleben. Das Spiel wogt hin und her. Matthias
hat Nerven wie Drahtseile und schickt zwei gegnerische Kugeln ins Nirwana. Bravo! Doch
der Gegner erobert den Punkt zurück. Jetzt muss auch der Leger, muss auch ich mit meinen
übrigen zwei Kugeln liefern und die einzige Lücke finden, die in Richtung Zielkugel noch
offen steht. Die erste Kugel läuft nach rechts weg. Mann, reiß dich zusammen! Ein Versuch
noch! Die Tür steht offen! Es gelingt! Wenige Zentimeter vor dem Schweinchen bleibt meine
Kugel liegen. Punkt wieder bei uns! Und nur noch eine Kugel! Der Gegner, ein ziemlich
sicherer Schießer hat deren noch zwei! Trifft er, hat er das Spiel wieder gedreht, muss
Matthias mit der letzten Kugel irgendeine Lösung finden. Ich habe fertig. Wegschauen!
Keine Nerven mehr! Nur noch horchen, ob es dieses typische Treffergeräusch von Stahl auf
Stahl gibt oder eben nicht. Ein Aufstöhnen der Zuschauer. Der erste Schuss ging vorbei!
Wieder hinschauen. Er holt aus. Die Kugel fliegt, fliegt, trifft irgendwas… Nein, es ist nicht
meine Kugel, die da getroffen wurde und rollt! Es ist die Zielkugel! Bitte roll’ weiter, roll’
weiter, roll’ ins Aus! Los, den halben Meter schaffst du auch noch. Ja!
Ungläubig, in einer Mischung aus Glücksrausch und Mitgefühl mit unserem fairen, aber
unglücklichen Gegner präsentiert Matthias die letzte Kugel auf seiner offenen Handfläche.
Das Reglement besagt, dass, wenn die Zielkugel das Spielfeld verlässt, jede noch nicht
gespielte Kugel zählt. Diese Kugel, die da so in der Sonne glänzt, zählt also jetzt und das ist
der Punkt, der 13., der uns zum Sieg noch gefehlt hat. Meisterschaft und Aufstieg! Stolz,
aber gleichzeitig noch ganz benommen von den Ereignissen, nehmen wir die Glückwünsche
und wenig später auch den Pokal entgegen. Ab nächstem Jahr also Landesliga.
Wenn ich demnächst mal wieder auf der Terrasse liege, werde ich Zeit haben, die Wolken zu
zählen. Ich bin mir sicher: ich werde bloß bis 13 kommen!
Später erfahren wir, dass unsere 2.Mannschaft beim letzten Ligatag der Kreisliga leider nur
ganz knapp Zweite geworden ist. Es sei zum Schluss eine arge Rechnerei gewesen, um den
Meister zu ermitteln. Schade, aber nicht zu ändern!
Doch zwei Tage später ein überraschender Anruf. Man habe sich verrechnet. Auch unsere
Zweite ist Meister! Wir sind Doppelmeister! Wahnsinn! Dieses Jahr wird in die Annalen
eingehen. Das ist sicher. Halleluja.
Pit Gerl

Ringheim 1: von links: hinten :  Pit Gerl, Walter Fischer, Jürgen Kulas, Matthias Roth                                         

vorne:  Gerhard Fischer, Salvatore Moretti, Daniel Nguyen, Jean Legall

Ringheim 2: von links: Peter Dahlem, Michael Lindtner, Daniele Stimoli, Imre Szabo, Johann Holzfeind, Herbert Brandl